Lernen mit allen Sinnen
Lernen mit allen Sinnen – Eingangskanäle sinnvoll nutzen
Lernen mit allen Sinnen heißt letztendlich nichts weiter, als sich Informationen einzuprägen. Bei der Aufnahme von Informationen stehen uns fünf Kanäle zur Verfügung: Sehen – Hören – Riechen – Schmecken – Tasten. Man unterscheidet vier verschiedene Lerntypen, die auf unterschiedliche Reize besonders stark anspringen: den visuellen, den auditiven, den haptischen und den kinästhetischen Lerner. Damit sind allerdings die Idealtypen beschrieben, eine Reinform dieser Lerntypen ist vermutlich nicht zu finden und auch nicht erstrebenswert, da ein Lernerfolg dann am häufigsten zu beobachten ist, wenn möglichst viele Kanäle angesprochen werden. In jüngster Zeit haben sich noch drei weitere Lerntypen herausgebildet: der kommunikative, personenorientierte und der medienorientierte Typ. Diese haben sich aus den neuen Lernformen ergeben, die den Studierenden heute zur Verfügung stehen. Wie gut wir über welchen Kanal lernen, ist sehr individuell. Genauso wie bei den Lerninhalten, gilt auch bei den Lernmethoden, möglichst abwechslungsreich zu arbeiten. Je mehr Kanäle Sie nutzen, desto höher ist der Lernerfolg. Die folgende Statistik zeigt auf, wie viel durchschnittlich auf welchem Weg des Lernens behalten wird:
|
---|
Aber auch wie wir die Informationen verarbeiten, ist sehr individuell. Der Mensch hat drei Formen des Gedächtnisses: das Ultrakurzzeitgedächtnis, das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis. Das Ultrakurzzeitgedächtnis merkt sich Vorgänge, Fakten und Ähnliches nur zwischen 0,1 und 20 Sekunden. Es arbeitet nahezu unbewusst. Das können Sie überprüfen, indem Sie überlegen, wie Sie vor 30 Sekunden Ihre Hände gehalten haben, oder ob Sie sich in der letzten Minute am Kopf gekratzt haben. Höchstwahrscheinlich können Sie auf solche Fragen keine sichere Antwort geben. Um Informationen vom Ultrakurzzeitgedächtnis in das Kurzzeitgedächtnis zu übertragen, sollten die entsprechenden Informationen mindestens 20 Sekunden lang wiederholt werden. Das Kurzzeitgedächtnis speichert Informationen allerdings auch nur über einen kurzen Zeitraum.
Beim Lernen von Fakten oder Daten ist es sehr störanfällig. Um sich dennoch viele Details merken zu können, ist es hilfreich, zum Beispiel wichtige Begriffe in Gruppen einzuteilen. Sie werden merken, wenn Sie die einzelnen Begriffe in kleinere Gruppen einteilen und diesen Überschriften geben, werden Sie eher an alles denken. Das Langzeitgedächtnis speichert Informationen endgültig. Diese sind dann ständig abrufbar und können mit verschiedenen Kontexten verknüpft werden. Diverse Fächer sind verschieden vorzubereiten. Einen Aufsatz zu schreiben, kann nicht mit den gleichen Mitteln gelernt werden wie Zahlenreihen, Formeln oder Vokabeln. Um sich in ein Thema einzuarbeiten, bieten die klassischen Methoden wie Brainstorming, Mindmapping und Clustering eine gute Basis. Sie können sowohl in der Gruppe als auch alleine angewendet werden und haben zum Ziel, Informationen und Ideen zu sammeln und so alle relevanten Aspekte aufzuzeigen. Mit dieser Vorlage können dann konkrete Inhalte erarbeitet und besprochen werden. Diese Methoden fordern vom Lernenden ein hohes Maß an Kreativität. Um Fakten, Zahlen oder Begriffe zu lernen, sind dagegen Assoziationsketten oder Mnemotechnik-Übungen hilfreich.
Unser Gehirn als Ganzes
Wie Sie sicher wissen, besteht das Gehirn aus zwei Hälften. Die linke Gehirnhälfte ist verantwortlich für das Lösen mathematischer Probleme, sprachlicher Aufgaben sowie für die Begriffsbildung. Sie ermöglicht logisches Denken. Menschen mit stark entwickelter linker Gehirnhälfte haben in der Regel eine ausgeprägte Begabung zu kombinieren und zu analysieren. Die linke Gehirnhälfte steuert die rechte Körperhälfte, während die rechte Gehirnhälfte das für die linke Körperhälfte übernimmt. Außerdem ist sie sowohl für Emotionen und räumliche Orientierung als auch für die Fähigkeit, Inhalte zusammenzufassen, zuständig. Sie ermöglicht folglich ganzheitliches, intuitives und bildhaftes Denken sowie das Verarbeiten mehrerer Informationen gleichzeitig. Menschen, bei denen diese Seite stärker ausgeprägt ist (sie also häufiger benutzt wird), sind oft erfinderisch und ausgesprochen kreativ. Orientieren Sie sich an der folgenden Auflistung von informationsverarbeitenden Kanälen, indem Sie Ihren Lernzyklus möglichst abwechslungsreich gestalten und verschiedene Fächer nacheinander bearbeiten. Schreiben Sie also nicht nach dem Lernen von Englischvokabeln noch einen englischen Aufsatz, sondern lösen Sie besser ein paar Mathematikaufgaben oder üben Sie auf Ihrem Instrument, sofern Sie eines spielen.
Linke Gehirnhälfte | Rechte Gehirnhälfte |
---|---|
|
|
Assoziationsketten Neues mit Bekanntem verknüpfen
Mithilfe von Assoziationsketten kann das Langzeitgedächtnis trainiert werden. Verknüpfen Sie bereits gespeicherte Informationen mit neuen und nutzen Sie somit Ihr Vorwissen, um sich ein breiteres Wissen anzueignen. Auch die Verknüpfung mit Inhalten, die eventuell nicht allzu viel mit dem Lernstoff, dafür aber umso mehr mit Ihrer Lebenserfahrung zu tun haben, kann helfen. Zum Beispiel können Sie sich historische Zusammenhänge vermutlich umso besser merken, wenn Sie zuvor am Ort des Geschehens waren und andere Sinneseindrücke damit verbinden können. Um es dann tatsächlich für immer zu behalten, müssen Sie es stetig wiederholen – erst in kurzen, im Laufe der Zeit in immer größeren Abständen.
Mnemotechniken Lernen durch Eselsbrücken und Geschichten
Die Loci-Methode (von lat. „locus“ = „Platz“) hat ihren Namen aufgrund ihrer praktischen Anwendung: Der Lernende überlegt sich einen Weg, den er gut kennt und häufig läuft. Die Strecke sollte markante Eckpunkte haben, an denen die zu lernenden Begriffe „abgelegt“ werden. So können Sie Vokabeln, geschichtliche Daten, Begriffe oder Formeln auf Ihrer Strecke verteilen. Nun müssen Sie sich eine kleine Geschichte ausdenken, in der Sie die Strecke mit den abgelegten Daten verknüpfen. Lassen Sie die Geschichte vor Ihrem inneren Auge ablaufen oder sagen Sie sie auf. Vielleicht können Sie sie auch jemandem erzählen, der das Gleiche lernen muss. Dann hätten Sie beide etwas davon. Ähnlich funktioniert auch die Kettentechnik. Sie verpacken einfach Begriffe, oder was auch immer Sie lernen müssen, in eine kleine Geschichte. Schreiben Sie diese auf, um wieder so viele Kanäle wie möglich zu nutzen. Wahlweise könnte man sie auch singen. Eselsbrücken eignen sich ebenfalls beim Lernen neuer Begriffe.
Zahlen und Texte lernen So behalten Sie den Überblick!
Zahlenketten kann man ebenfalls visualisieren und so quasi unendlich lange Zahlen auswendig lernen. Bei dieser Methode geben Sie jeder Ziffer von 0 bis 9 ein Symbol. Entweder eines, das Sie sich einfach so gut merken können, oder eines, das Ähnlichkeit mit der Zahl hat. So könnte die 2 ein Schwan sein oder die 5 eine schwangere Frau. Wenn Sie nun eine Zahl betrachten, basteln Sie sich aus den Begriffen eine Geschichte. Die Geschichte wird es Ihnen erleichtern, sich die einzelnen Zahlen zu merken. Wenn Sie eine Zahlenkette auswendig lernen sollen, können Sie verschiedenen größeren Zahlen auch spontan eine Bedeutung geben. So könnten Sie sich Ihr Alter oder Geburtsdatum als „Ganzzahl“ einprägen.
Um sich einen Überblick über einen langen Text zu verschaffen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Kursorisches Lesen: Hierbei wird der Text nur überflogen, der Inhalt anhand von Schlagwörtern erfasst und die Lektüre auf ihre Brauchbarkeit hin überprüft.
Diagonales Lesen: Beim diagonalen Lesen wird durch einen Blick diagonal über die Seite der gesamte Text auf einmal erfasst. Diese Technik erfordert jedoch viel Übung.
Punktuelles Lesen: Dabei werden nur bestimmte Abschnitte gelesen, es ist quasi die Fortführung des kursorischen Lesens, das auf Schlüsselwörter reagiert.
PQ4R-Methode Texte lesen, verstehen und behalten
Wenn man nun einen relevanten Text gefunden hat, bietet sich die PQ4R-Methode zur Weiterarbeit an. Der Name leitet sich von den Stufen ab, in denen ein Text bearbeitet werden soll:
Preview – Questions – Read – Reflect – Recite – Review
Vorausschau – Fragen – Lesen – Nachdenken – Wiedergeben – Rückblick
Diese Methode strukturiert den Text und macht somit vor allem das Arbeiten mit schwierigen oder besonders langen Texten einfacher. Nachdem sich der Leser einen Überblick über den Inhalt der Lektüre verschafft hat, indem er diese überfliegt und wichtige Stellen markiert, stellt er sich Fragen zu dem Text. Diese sollten konkret und gezielt nach dem Inhalt gestellt werden. Sortieren Sie die Fragen nach den einzelnen Abschnitten, so strukturieren Sie den Text ganz automatisch und werden sich dabei Ihrer (bisherigen) Wissenslücken bewusst. Beim anschließenden Lesen versuchen Sie, die Fragen zu beantworten. Stufe 4 fordert zum Reflektieren des Gelesenen auf. Gehen Sie das Gelernte noch einmal Schritt für Schritt durch. Sind alle Fragen geklärt? Achten Sie darauf, neu Gelerntes mit bereits bestehendem Wissen in Verbindung zu bringen und somit ein größeres Wissensnetz aufzubauen. Versuchen Sie anschließend, die neuen Lerninhalte mit eigenen Worten wiederzugeben. Bemerken Sie an dieser Stelle Lücken, können Sie diese durch gezieltes Nachlesen schließen. Im letzten Arbeitsschritt der PQ4R-Methode sollen die wesentlichen Punkte zusammengefasst werden. Am besten überprüft man erneut, ob alle Fragen auch tatsächlich geklärt werden konnten und der wesentliche Inhalt vollständig erfasst wurde. Wenn Sie diese Schritte durchlaufen, sollte Ihnen das Erfassen schwieriger und komplexer Texte leichter fallen. Hat Ihnen eine Lektüre besonders gut gefallen, war der Lerneffekt also besonders hoch, schauen Sie in die Literaturliste des Texts und suchen Sie nach adäquaten Büchern oder Aufsätzen, die Ihnen für weitere Themengebiete oder zur Ergänzung des Gelesenen helfen könnten.
Vokabeln Kreativer Umgang mit Wörtern
Vokabeln prägen sich häufig schlichtweg durch ständige Wiederholung ein. Hilfe leisten dabei Vokabelkästchen mit mehreren Fächern, in denen die gelernten Vokabeln immer ein Fach nach hinten sortiert werden, bis sie im Gedächtnis eingeprägt sind. Diejenigen Begriffe, die Sie sich noch nicht eingeprägt haben, bleiben ganz vorne. Es hilft aber auch hier, Themenblöcke zu bilden und die Vokabeln in einem bestimmten Zusammenhang zu lernen. Oder Sie lesen sich die Vokabeln laut vor – wie immer: Nutzen Sie Ihre Sinne! Eine kreativere Herangehensweise ist es, sich Bilder oder Geschichten zu den einzelnen Wörtern zu überlegen. Man kann dazu das fremdsprachige Wort besonders deutsch aussprechen: Das lateinische Wort „cubare“ bedeutet liegen. Sprechen Sie es deutsch aus, hört es sich an wie Kuh und Bahre. Sie könnten sich nun vor Ihrem geistigen Auge eine liegende Kuh auf einer Bahre vorstellen. Vielleicht eine alberne Eselsbrücke, aber eine effektive! So können Sie es mit vielen Vokabeln machen und das Lernen wird Ihnen wesentlich leichterfallen und womöglich sogar Spaß machen. Wichtig ist, die Vokabeln anfangs in kurzen Abständen, dann in immer größeren zu wiederholen und sie erst wegzulegen, wenn sie tatsächlich zu jedem Zeitpunkt abrufbar sind. Mehr als 30 Vokabeln pro Tag sollten es aber nicht sein. Weiterhin kann man Vokabeln durch ein Memory-Spiel lernen oder indem man ein Gedicht daraus formt. Eine Sprache lernt man natürlich am besten, indem man sie spricht und liest. Lesen Sie Ihre Lieblingsbücher doch einfach mal in einer Fremdsprache. Wenn Sie keine Gesprächspartner haben, mit denen Sie die Sprache üben könnten, ist auch einen Film in O-Ton zu schauen eine gute Alternative. So lernen Sie gleich die korrekte Aussprache. Es gibt viele Möglichkeiten – seien Sie kreativ!
Gruppenarbeit Gemeinsam lernen und arbeiten
Einige Fächer oder Themen lassen sich besonders gut in Gruppenarbeit erlernen bzw. bewältigen. Sie müssen sich über große Themenfelder nicht allein den Überblick verschaffen und können bei Fragen direkt um Antwort bitten. Einige Dinge sind allerdings zu berücksichtigen: Zum einen sollte die Gruppe aus nicht mehr als fünf Mitgliedern bestehen. Gemäß dem Ausspruch „viele Köche verderben den Brei“ kommt es auch in einer großen Gruppe mit vielen Teilnehmern nur zu unnötigen Diskussionen oder ablenkenden Gesprächen. Außerdem ist es schwierig, mehr als fünf Menschen terminlich unter einen Hut zu bringen. Zum anderen sollten alle Teilnehmer etwa auf dem gleichen Wissensniveau stehen, da der Lernerfolg sonst nicht gewährleistet ist. Die schwächeren Lerner können den Stoff nicht genauso schnell oder intensiv aufarbeiten wie die Stärkeren und halten so die Gruppe auf.
Haben Sie die richtigen Mitstreiter gefunden, sollten Sie ein gemeinsames Ziel festlegen und es stets vor Augen haben, nur dann werden Sie sich am Ende auch einig. Die Motivation und Arbeitsmoral sollte bei allen Gruppenmitgliedern ähnlich sein, damit nicht einer mehr als ein anderer arbeitet oder sonstige Konflikte auftreten. Die zu lösenden Aufgaben sollten gerecht verteilt und mit einem Termin für die Präsentation versehen werden. Wenn Sie nun Ihren Teammitgliedern die erarbeiteten Materialien vorstellen, üben Sie sich gleich in Rhetorik und werden auf Wissenslücken hingewiesen. Die übrigen Lerngruppen-Teilnehmer können Ihnen Feedback zu Verständlichkeit und thematischer Relevanz geben, sodass Sie gezielt an Schwachstellen nacharbeiten können. Wahren Sie einen höflichen und konstruktiven Umgangston und nutzen Sie die gemeinsame Zeit sinnvoll!